Andrew Davidson - Gargoyle

Ein Verbrennungsopfer (im ganzen Buch wird nicht einmal sein Name erwähnt) erwacht im Krankenhaus, schrecklich verbrannt. Ihm fehlen mehrere Zehen und so ganz nebenbei sein Penis. Irgendwann taucht eine Frau auf, die behauptet, ihn aus einem früheren Leben zu kennen und (OH WUNDER!) er verliebt sich in sie und verwandelt sich (leider, leider) vom sehr unterhaltsamen Porno-Saulus in den unlustigen Eunuchen-Paulus.

Wer jetzt denkt, dass das Buch ab dem Moment schlecht wird, in dem die verrückte Marianne Engel (ja, sie heißt wirklich so. Davidson will ja schließlich nicht riskieren, ein Klischee auslassen) auftaucht, hat Recht. So Raucherlungen-schwarz der Humor in den ersten Kapiteln ist, so vorhersehbar und unglaublich langweilig ist der Rest. Wenn die Figuren liebevoller beschrieben wären und Davidson nicht versucht hätte, eine Million Geschichten gleichzeitig zu erzählen, wäre die Vorhersehbarkeit kein Problem (siehe E-Mail für dich, Stolz und Vorurteil), aber wie wir alle wissen: Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär', wär' mein Vater Millionär.

Außerdem nervt diese "Ohhhh, das ist ein sooooo bedeutungsvolles Buch, mit einer Milliarde Anspielungen"-Attitüde. Was soll zum Beispiel dieser Blödsinn, dass der Protagonist keinen Namen hat? Soll das heißen, wir können uns alle in ihn hinein fühlen? Wenn ja, dann sollte Davidson seinen Kopf so lange gegen einen Tisch hauen, bis ihm klar wird, wie seicht das ist. Und das unser Brickett-Mann erst dann ein besserer Mensch geworden ist, nachdem er seine schöne Hülle und damit auch seine Karriere als Porno-Star und Liebhaber hinter sich gelassen hat? Huiuiui, ich glaube, es ist gerade eine Souterrain-Wohnung über dem Niveau von Davidson frei geworden ist.

Die Konstellation verbrannter-Porno-Star trifft Mittelalter-Schnalle hätte doch zwei sehr naheliegende Möglichkeiten geboten, ein erfolgreiches und gutes Buch zu schreiben. Möglichkeit eins wäre es gewesen, eine humorvolle Auseinandersetzung mit den Themen Religion und Gott zu beschreiben. Das dies erfolgreich sein kann, zeigt Safiers „Jesus liebt mich“. Die andere Möglichkeit wäre es, eine hübsche kleine Liebesgeschichte daraus zu zaubern. Eine (gefühlte) Milliarde von Fantasy-Romanen zeigt, dass manche Leute auf sowas stehen. Davidson hat jedoch lieber seinem Bedürfnis nachgegeben Dostojewski jr. zu spielen und kläglich versagt.

Wem meine Tiraden nicht genügen, um sich eine Meinung zu bilden, soll sich vor Augen halten, dass ich mich beim Schreiben dieses Eintrages mehrmals habe zurückhalten müssen, die Worte "Scheiße", "beschissen" und "ewig verlorene Stunden meines Lebens" zu verwenden.

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